Meine IG Metall

2023-03-15 17:39:04 By : Ms. Natelie Huang

1. Oktober 20201. 10. 2020 Christoph Böckmann

Was eigentlich viele Monate oder Jahre dauert, haben die Beschäftigten von Pfaff in nur zwölf Wochen geschafft: Sie entwickelten eine komplett neue Maschine und leisteten damit Pionierarbeit für das Unternehmen. Denn die Maschine, die Pfaff künftig verkauft, kann tausende Gesichtsmasken pro Tag produzieren. Dabei hatten die Experten für Näh- und Schweißtechnik vor der Coronapandemie mit Gesichtsmasken nichts am Hut. Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Biffar ist zu Recht stolz auf seine Truppe: „Die Kolleginnen und Kollegen haben sogar ihren Urlaub verschoben, damit sie den Prototypen fertigstellen konnten.“

Die Beschäftigten von Optima können eine ähnliche Geschichte erzählen. Eigentlich fertigen sie in Schwäbisch Hall Verpackungsmaschinen. Doch auch sie haben angesichts der Pandemie rasch Maschinen zur automatischen Produktion von Masken gebaut.

Warum sie das machten, ist klar: Als im Frühjahr SARS-CoV-2 Deutschland überrollte, traf das Virus das Land unvorbereitet. Atemschutzmasken waren kaum zu bekommen, Schutzkleidung ausverkauft, Krankenhäuser mussten lange auf Lungenbeatmungsmaschinen warten.

Wolfgang Biffar zieht beim Prototyp die letzten Schrauben an. Der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende von Pfaff ist stolz auf die Leistung der Beschäftigten. (Foto: Wolfgang Biffar)

Die globalen Lieferketten waren zusammengebrochen. Von China bis in die USA versuchten die Regierungen, benötigte Produkte und Zulieferprodukte im eigenen Land zu halten. Die heimischen Betriebe zwischen Garmisch und Flensburg arbeiteten auf Hochtouren. Doch zeigte sich, dass die hiesigen Wertschöpfungsketten nicht stark genug sind, um die Nachfrage während einer Pandemie zu befriedigen.

Dabei wären die Voraussetzungen hierzulande gegeben. Die Beispiele Pfaff und Optima zeigen: Deutschland verfügt im Maschinenbau über hervorragende Fachkräfte.

Bei Pfaff in Kaiserslautern durchläuft der Prototyp, der so groß ist, dass er ein durchschnittliches Wohnzimmer füllt, gerade noch letzte Tests. Dann geht die Maschine in Serie. Das müsste die Politik freuen. Durch die Erfahrungen mit der Pandemie ist der heimische Maschinen- und Anlagenbau wieder stärker in ihren Fokus gerückt. Denn die Bundesregierung erkannte, dass sie die benötigten medizinischen Geräte und Ausrüstungen weder auf dem lokalen noch auf dem Weltmarkt bekommen konnte. Eine weitere Erkenntnis: Importe genügen oft gar nicht den geforderten Qualitätsstandards. Der naheliegende Schluss: Auf die heimische Produktion kommt es an. Sie muss gefördert werden. Relativ schnell schnürte deshalb der Bund ein Maßnahmenpaket, das Investitionen in Anlagen zur Produktion von Filtervlies und Masken finanziell unterstützte.

Gut so. Doch ein paar Geburtsfehler hat das Förderprogramm: Zum einen hat die Bundesregierung keine generelle Abnahmegarantie beispielsweise für Masken gegeben. Warum also sollten Unternehmen in neue Anlagen investieren, wenn doch der weitere Verlauf der Pandemie ungewiss und die Abnahme von Masken im Heimatmarkt nicht gesichert ist? Stocken die Betriebe ihren Maschinen- und Anlagenpark aber nicht auf, kann Deutschland schnell wieder vor den gleichen Versorgungsproblemen stehen wie im Frühjahr.

Ein weiterer Fehler der Investitionsförderung: Sie ist nicht an die Bedingung gebunden, dass die Maschinen aus hiesiger Produktion stammen müssen. Das sollte der Bund dringend nachholen. Nur so kann er sicherstellen, dass die Steuergelder heimische Industriebranchen stärken. Kaufen deutsche Maskenhersteller ihre Anlagen jetzt in Vietnam oder China, werden damit statt hiesige ausländische Maschinenbauer gefördert, die bei der nächsten Pandemie wieder zuerst ihren heimischen Markt versorgen müssen. Auch das Thema Service und Wartung kann bei außereuropäischen Maschinen zum Problem werden, sollten die Grenzen erneut schließen.

Zudem liefen die Förderprogramme zu kurz. Am 31. August endete bereits der Investitionszuschuss für Maschinen, die Masken herstellen. Die Maschine, die Wolfgang Biffar und seine Kolleginnen und Kollegen bei Pfaff entwickelt haben, profitiert daher nicht mehr von der Förderung.

Unterm Strich lässt sich feststellen: Statt die Wertschöpfungsketten langfristig zu stärken, hat das Förderprogramm nur zu einem kleinen Auftragsplus bei bereits etablierten Herstellern geführt. Die IG Metall fordert deshalb, bei den Maßnahmen nachzubessern.

Das Ziel muss sein, eine sichere Erforschung, Produktion und Versorgung von und mit Arzneimitteln und medizinischen Produkten über 2023 hinaus zu gewährleisten. Das geht nur, wenn die heimischen Wertschöpfungsketten nachhaltig gestärkt werden. Zusätzlich muss die Politik Maßnahmen einleiten, damit die ausreichende Produktion und rasche Versorgung der Bevölkerung mit Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 sichergestellt wird, sobald Forscher einen Wirkstoff gefunden haben. Es darf nicht allein der Markt entscheiden, wer eine Impfung erhält. Die IG Metall hat dem Bundesministerium für Wirtschaft und dem für Gesundheit sowie den Vorsitzenden der Bundestagsausschüsse für Wirtschaft und Gesundheit  bereits konkrete Anpassungsvorschläge vorgelegt.

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